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Ein Traum von Schaum

In englischen Pubs, belgischen und niederländischen Biercafés sieht man es oft: Zuerst taucht die Wirtin oder der Wirt den Zapfhahn in den Schaum, um den Inhalt im Bierglas aufzumischen, dann schütten sie überflüssigen Schaum wieder aus und wischen schließlich mit dem Spatel über den Glasrand, um damit allem, was auch nur ansatzweise als Schaumkrone gelten könnte, sicher auszumerzen.

Andere Länder, andere Sitten. Deutschen Brauerinnen und Brauern bricht bei einem solchen Anblick das Herz. Für einen kräftigen, stabilen und haltbaren Schaum legen sie sich mächtig ins Zeug. Er ist ein ebenso prägendes wie technologisch herausforderndes Merkmal deutscher Bierstile. Hopfen ist dabei ein Schlüsselelement. 

Zu den schaumpositiven Stoffen gehört das CO2, ohne das sich erst gar kein Schaum bilden würde. CO2 ist die disperse Phase, also der Stoff, der sich fein im Dispersionsmittel Bier verteilt, aber nicht in Lösung geht und deshalb für die nötige Action sorgen kann. Wenn nämlich beim Zapfen des Bieres aufgrund von Druckentlastung das CO2 an die Oberfläche treibt und allerlei hydrophobe Inhaltsstoffe mitreißt, entsteht Schaum. Das Gerüst des Schaumes besteht aus Polypeptiden (Eiweißketten) aus dem Malz und Bittersäuren aus dem Hopfen, die als Brückenbauer zwischen den Proteinen dienen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Vernetzung und der Zusammenhalt auf die hydrophoben und Dipol- Wechselwirkungen der Inhaltsstoffe zurückzuführen sind. Ohne die Bittersäuren als co-kreativer Partner der Polypeptide schäumt also gar nichts. 

Die Schaumkunst beginnt beim Maischen. Denn der Schaum braucht größere, sprich hochmolekulare Proteine, während die Hefe kleinere, also niedermolekulare Proteinfraktionen in Form von Aminosäuren verstoffwechselt. Daher sind Malzqualität und Maischprogramm aufeinander abzustimmen. Beispielsweise überspringen Brauer die Eiweißrast bei hochgelösten Malzsorten, damit die Eiweißfraktion ihrer Würze nicht zu kleinteilig wird und genug Stoff für den Traum vom Schaum vorhanden ist. 

Im Sudkessel kommt es auf die richtige Menge und Zusammensetzung des Hopfens sowie eine Staffelung der Gaben an. Denn es ist nicht nur die Iso-Alphasäure, sondern auch die Alphasäure, die als Brückenbauer fungiert. Auch diverse Bitterbegleitstoffe wie beispielsweise Isoadprehumulon und reduzierte Iso-Alphasäuren (Tetrahydro-Iso-Alphasäure) fördern die Schaumstabilität. Es hat sich gezeigt, dass ungehopfte Biere nicht schäumen, wohl aber Biere, denen Iso-Alphasäuren zugesetzt wurden. So wurde eine zufriedenstellende Schaumhaftung schon bei 10 ppm Iso-Alphasäuren erreicht.  

Die Hefe kann die Schaumparty vermiesen, wenn sie unter Stress gerät, beispielsweise bei einem Mangel an niedermolekularen Proteinen, hoher CO2- oder Alkoholkonzentration oder zu hohem Druck. Unter derlei Strapazen scheidet sie Enzyme aus (Proteinase A), die die schaumpositiven hochmolekularen Proteine spalten. Auch freie Fettsäuren sind kritisch. Sie verdrängen durch ihre Hydrophobizität andere schaumpositive Substanzen von der Gasblasenoberfläche, ohne selbst einen stabilen Film bilden zu können. Solche Schaum gefährdenden Lipide entstehen endogen bei niedrigen Einmaischtemperaturen und schlechter Gärführung oder exogen durch Finger- oder Mundabdrücke am Bierglas. Ebenso verringern Rückstände von Reinigungsmitteln die Oberflächenspannung. Und zu viel Ethanol entwässert und zerbricht den Flüssigkeitsfilm.  

Guter Schaum ist also etwas für Könner, die das Zusammenspiel der Elemente beherrschen. Ausländische Brauer haben es einfacher. Sie dürfen zu Hilfsmitteln greifen, die nach dem deutschen Reinheitsgebot unzulässig sind, wie beispielsweise die Hopfenprodukte Tetrahop und Hexahop von BarthHaas. Diese beinhalten Tetrahydro- bzw. Hexahydro-Iso-Alphasäuren, die weder in Hopfendolden noch in -pellets oder -extrakten vorkommen. Diese hydrierten und reduzierten Iso-Alphasäuren weisen eine größere Hydrophobie als natürliche Iso-Alphasäuren auf und wirken positiv auf Bildung, Stabilität und Anhaftung. So einfach kann Schaum sein! Jedoch längst kein Grund, im Pub einfach darüber hinwegzuwischen.

Ein Beitrag von

Leiterin BarthHaas Campus

Dr. Christina Schönberger

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