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Stabilität im Fokus

Wer die Bierstabilität in den Griff bekommen möchte, tut gut daran, sich um die Lichtstabilität zu kümmern. Der Weg führt über den Geschmack. Licht- und Geschmacksstabilität sind Forschungsthemen der Brauwissenschaft, die seit hundert Jahren beackert werden. Wir wissen über Bierstabilität also sehr viel.

Die Alterung des Bieres zeigt sich vor allem im Geschmack: veränderte Bitterintensität, abnehmende Bitterqualität, steigende Intensität des Süßgeschmacks und die Entstehung von typischen sogenannten Alterungsaromen wie pappig, beeren- oder karamellartig. Dies gilt insbesondere für helle untergärige Biere, die dazu intensiv erforscht wurden.
Als Verursacher des Alterungsgeschmacks können eine Reihe von Carbonylen verantwortlich gemacht werden. Carbonyle entstehen durch verschiedene Reaktionen wie Oxidation, Strecker-Abbau, Aldol-Kondensation oder Hydrolyse. Sie sind gekennzeichnet durch ein Kohlenstoffatom und ein doppelt gebundenes Sauerstoffatom, sind sehr flüchtig und reaktiv. Befeuert wird die Bildung von Carbonylen unter anderem vom Hopfen, der weiteres Material liefert – und zwar mithilfe von Licht. Licht führt zur Abspaltung der Seitenkette der Isohumulone, die dann mit den Carbonylen reagieren, was die Komplexität der Alterungssubstanzen steigert. Allerdings entstehen so auch Ausgangsstoffe für ganz neue, fruchtige Aromen. 

Die lichtempfindlichen Bittersäuren sind also ein Schlüsselfaktor für das Management der Bierstabilität. Um ihren Abbau zu verhindern, haben die Brauer zwei Optionen: Innerhalb des Reinheitsgebotes schützen sie das Bier so gut es geht vor Lichteinwirkung. Außerhalb Deutschlands haben sie die Möglichkeit, „lichtstabile“ Hopfenextrakte einzusetzen. Für die Herstellung der lichtstabilen Hopfenextrakte werden die Alphasäuren zunächst isomerisiert und dann zusätzlich hydriert. So können verschiedene stabile Bittersäuren hergestellt werden. Die bekanntesten sind die Tetrahydro-Iso-alpha-Säuren, die gerne für eine Stabilisierung des Schaumes verwendet werden. Es gibt aber auch die Rho-Iso-alpha-Säuren, die allein für einen angenehmen und lichtstabilen Bittergeschmack eingesetzt werden. Durch die stabilisierten Bittersäuren können bestimmte Fehlaromen wie der „Lichtgeschmack“ (3-MBT) gar nicht erst entstehen, und die Bittere bleibt länger stabil. Das ist insbesondere für Biere wichtig, die in Grünglasflaschen abgefüllt werden. 
Diese Hopfenprodukte werden in der Regel dem fertigen Bier vor der Filtration zudosiert. Geschmacklich runder für die Bittere und praktischer für die Brauer ist demgegenüber die Zugabe des Hopfens während der Kochung. Dies kam für die lichtstabilen Bittersäuren bisher nicht in Frage, zu gering wäre die tatsächliche Bitter-Ausbeute gewesen. In einem neuen lichtstabilen Hopfenprodukt konnte dieser Wert wesentlich verbessert werden. BarthHaas bringt dieses Jahr den Hopfenextrakt Kettle Redi® auf den Markt, ein Rho-Iso-alpha-Säuren-Extrakt, der extra für den Einsatz während der Kochung gedacht ist und mit einem Gehalt an Rho-Iso-alpha-Säuren von ca. 40 Prozent aufwartet. 

Geht es um Lichtstabilität, sollte man beim Einsatz dieser Produkte bedenken, dass ausschließlich lichtstabile Hopfenprodukte wie Kettle Redi® oder lichtstabile Aromaprodukte wie PHA® eingesetzt werden dürfen. Schon geringe Mengen an „normalen“ Iso-alpha-Säuren ruinieren den Effekt. Geht es jedoch um die angenehme und weiche Bittere von Kettle Redi®, kann das Produkt mit allen anderen Produkten kombiniert werden. Da die Rho-Iso-alpha-Säuren im Extrakt schon fertig vorliegen, muss der Extrakt nicht mitkochen, man kann ihn also auch als späte Gabe gegen Ende der Kochung zugeben. 
Was das Management der gesamten Bierstabilität betrifft, muss jedoch klar sein: Selbst, wenn die Bittere durch die Verwendung dieser Extrakte stabiler ist, ist immer noch einiges an Instabilitätspotenzial im Bier vorhanden. Die Bittersäuren spielen dann zwar nicht mehr mit, aber der ganze Rest spielt dann einfach was anderes. Fast wie im richtigen Leben.
 

Ein Beitrag von

Leiterin BarthHaas Campus

Dr. Christina Schönberger

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