Autoren: Dr. Christina Schönberger, Mark Zunkel, Joshua McMillan und Dr. Alicia Muñoz-Insa von der BarthHaas Group
Sobald Hopfen gepflückt und ausreichend getrocknet ist beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, oder genauer gesagt gegen die Oxidation, da die Oxidationsreaktionen die Qualität des Hopfens vermindern. Die Anzahl der Oxidationsreaktionen ist beeindruckend (1). Bei der Oxidation der Alpha-Säuren entstehen Humulinone, die mit dem Dry Hopping eine zusätzliche, allerdings weniger intensive, Bittere ins Bier bringen (2). Allerdings können Oxidationsreaktionen einen Großteil der Bitterstoffe und auch der Hopfenöle vernichten (3). Dabei gehen flüchtige Komponenten gerne verloren, während andere den Sauerstoff aufnehmen und dadurch eine Vielzahl an sauerstoffhaltigen Aromastoffen wie z. B. verschiedene Ester zunehmen können. Um diesen Reaktionen schnellstmöglichst Einhalt zu gebieten wird Hopfen so schnell als möglich nach der Ernte kühl gelagert und zu Hopfenpellets verarbeitet. In Form von Pellets liegt der Hopfen in einer inerten Gasatmosphäre vor und ist vor Oxidation geschützt. In Form von Pellets ist der Schutz vor Sauerstoff noch wichtiger, da ein Teil der Lupulindrüsen, die durch die Vermahlung kaputt gegangen sind und deren Inhaltstoffe ungeschützt dem Sauerstoff ausgeliefert wären.
Zur Beurteilung der Oxidation wird der HSI herangezogen (4). Eine nicht-spezifische photometrische Methode die das Verhältnis oxidierter und nicht oxidierter Bittersäuren misst. Die Methode eignet sich jedoch nur für Pellets, nicht für Hopfenextrakt und auch nicht für isomerisierte Hopfenprodukte. Der HSI kann zwischen 0,25 und theoretisch 1 liegen, je höher er liegt desto stärker wird die Alterung (Oxidation) beurteilt. Bisher konnte sich keine andere Methode zur Frischequalitätsbeurteilung von Hopfen durchsetzen. Höhere HSI Werte werden allgemein als schlechtere Qualität verstanden, so einfach kann man es sich aber nicht machen. Jahrelange Messungen haben gezeigt, dass HSI Werte sortenspezifisch verstanden werden sollten (5). Auch ging man stets davon aus, dass hohe HSI Werte mit geringere Brauqualität des Hopfens gleichzusetzten sind, eine Annahme der bisher Brauversuche und objektive Bewertungen fehlten.
Sichergestellt ist das Faktoren wie Sorte, Erntejahr, Erntezeit und Darrbedingungen den „Startpunkt“ des HSI bestimmen. Auch kann man Hopfensorten nach den „Startwerten“ des HSI clustern. Die Sorten Hallertau Mittelfrüh, Hersbrucker, Tettnang Tettnanger, Select, Tradition, Perle, Magnum, Taurus and Herkules können gruppiert werden und haben einen HSI Startwert von ≤0.275 (Sortencluster A). Saphir, Northern Brewer, und Saazer weisen einen Mittelwert zwischen 0.275 und 0.300 (Sortencluster B) auf. Aurora, Celeia, Lubliner und Marynka hingegen starten mit einem mittleren HSI Wert der >0.300 (Sortencluster C) ist. Und auch der Anstieg des HSI Wert ist sortenabhängig. Diese sorteninherente Tendenz bleibt bei Änderung der Lagerungstemperatur bestehen, d.h. Perle, eine Sorte mit niedrigem „Start“ HSI und geringer Zunahme am HSI bei kühlen Temperaturen zeigt auch bei Raumtemperaturen einen verhalteneren Anstieg des HSI Wertes im Vergleich zu der Sorte Celeia, die mit hohem HSI Wert startet und auch bei kalten Temperaturen schneller höhere HSI Werte erreicht. Mit dem Wissen, dass die HSI Werte sortenspezifisch bzw. nach Sortencluster beurteilt werden sollten ist die ursprüngliche Einteilung der HSI Werte nicht mehr zu halten. Tab 1. Zeigt die ursprüngliche Interpretation der HSI Werte Tab. 2 eine etwas abgewandelte Version aus dem Jahr 2003. Tab.3 wäre ein Vorschlag für eine zukünftige Version der Tabelle bei der je nach Sortencluster mit unterschiedlichen HSI Anfangswerten und unterschiedlichen Transformationswerten gearbeitet wird.
HSI | Grad der Transformation | Alterungsgrad |
≤0.25 | 0 | Sehr frisch |
≤0.31 | ≤10% | Frisch geerntet |
0.31-0.40 | 10-21% | Normaler Lager- und Verarbeitungszustand |
0.40-0.50 | 21-31% | Alter Hopfen |
0.50-0.60 | 31-39% | Sehr alter Hopfen |
>0.60 | >39% | Unbrauchbarer Hopfen |
Tab 1: Ursprüngliche Transformations-Interpreation und Alterungseinschätzung nach HSI Wert (6)
HSI | Abbau Alpha-Säuren in % rel. | Alterungsgrad |
≤0.32 | 0-10 % | Frisch |
0.33-0.40 | 11-20% | Leicht gealtert |
0.41-0.50 | 21-30% | Gealtert |
0.51-0.60 | 31-40% | Stark gealtert |
>0.61 | >40% | Überalterter Hopfen |
Tab 2: Modifizierte Interpretation nach Forster in bezug auf Alpha-Säuren und Alterungsgrad (7)
Sortencluster A | Sortencluster B | Sortencluster C | ||
Grad der Transformation | HSI | HSI | HSI | Alterungsgrad |
0 | ≤0.275 | ≤0.300 | ≤0.33 | Sehr frisch |
≤12/15/17% | ≤0.33 | ≤0.35 | ≤0.37 | frisch |
12/15/17-24% | 0.33-0.43 | 0.35-0.43 | 0.37-0.43 | Normaler Lager- und Verarbeitungszustand |
24-31% | 0.43-0.50 | 0.43-0.50 | 0.43-0.50 | Gealterter Hopfen |
>39% | >0.61 | >0.61 | >0.61 | Überalterter Hopfen |
Tab 3: Vorschlag für ein zukünftiges Verständnis der Transformation und des Alterungsgrades
Wie wirken sich nun die HSI Werte des Hopfens beim Brauen aus?
Um den Einfluss des HSI-Wertes auf die Qualität eines damit gebrauten Bieres zu untersuchen, wurden die US-Sorte Citra® und die australische Sorte Galaxy® in Form von T90-Pellets verwendet. Die Pellets wurden mit Sauerstoff beaufschlagt, um die entsprechenden HSI-Werte zu erreichen. Es ist nicht überraschend, dass die Konzentration der Alphasäuren mit zunehmendem HSI-Werten abnimmt. Bei Citra® wurde der HSI Wert auf 0,430 und 0,610 eingestellt, was zu einem Verlust von 15 % bzw. 38 % Alphasäuren führte. Bei Galaxy® wurde der HSI auf 0,420 und 0,630 "gealtert", was zu einem Verlust von 16 % bzw. 47 % Alphasäuren führte. Der Ölgehalt betrug bei Citra® 2 ml/100g und sank um 40 % auf 1,2 ml/100g. Galaxy® hatte einen Anfangsgehalt von 2,3 ml/100g und sank um 50% auf 1,15 ml/100g.
Die detaillierte GC-Analyse zeigte, dass insbesondere der Gehalt an Myrcen mit zunehmender Alterung bei beiden Sorten abnimmt, ebenso wie Caryophyllen und Humulen, wenn auch in geringerem Maße. Eine Zunahme der oxidierten Sesquiterpene oder anderer Verbindungen konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Da Myrcen, Caryophyllen und Humulen für den typischen Geschmack von Citra® und Galaxy ® kaum von Bedeutung sind, dürfte dies kein großer Verlust sein.
Mit diesen Sorten wurde ein obergäriges Ale gebraut. Die Bittere der Biere wurde mit CO2-Extrakt eingestellt. Im Heissbereich gab es keine Aromagabe. Der Sud wurde in kleinere Chargen aufgeteilt und jede Charge wurde mit 5 g/L Hopfen hopfengestopft. Die Dosage von 5 g Hopfen/L bedeutet natürlich weniger Hopfenöl/Liter bei den Bieren mit den gealterten Hopfengaben (siehe Tabelle 4).
500 g/hl = | Ist der sensorsiche Unterschied signifikant? | 500 g/hl = | Ist der sensorsiche Unterschied signifikant? | ||
Bier mit Citra Frisch vs. gealterter Hopfen | 10 ml oil/hl vs 8.5 ml oil/hl | No | Bier mit Galaxy Frisch vs. gealterter Hopfen | 11.5 ml oil/hl vs 8.75 ml oil/hl | Yes |
Bier mit Citra Frisch vs. Überaltertem Hopfen | 10 ml oil/hl vs 6 ml oil/hl | Yes | Bier mit Galaxy Frisch vs. Überaltertem Hopfen | 11.5 ml oil/hl vs 5.7 ml oil/hl | Yes |
Bier mit Citra gealterter vs. überaltertem Hopfen | 8.5 ml oil/hl vs 6 ml oil/hl | Yes | Bier mit Galaxy gealterter vs. überaltertem Hopfen | 8.75 ml/hl vs 5.7 ml oil/hl | Yes |
Tab 4: Hopfenzugabe (als Ölequivalent) und Sensorische Unterschiede
Dreiecksverkostungen ergaben signifikante sensorische Unterschiede, nur der Test mit dem Bier Citra mit frischem Hopfen gegenüber dem Bier mit gealtertem Hopfen war gerade nicht signifikant. Die Aromaprofile der Biere zeigen, dass die Intensität der Fruchtigkeit der Biere abnimmt und die Intensität für würzig und holzig zunimmt. Dies ist stärker bei den Bieren mit der Sorte Galaxy ausgeprägt als bei den Bieren mit der Sorte Citra. Die GC-Analysen der Biere bestätigen die sensorischen Ergebnisse in dem Sinne, dass die oxidierten Sesquiterpene an Konzentration in den Bieren mit gealterten Hopfen zunehmen.
Abb. 1: BarthHaas Hopsessed® quantitative Beschreibung der Citra-Biere
Abb. 2: BarthHaas Hopsessed® quantitative Beschreibung der Galaxy-Biere
Weiterhin wurden Aromaintensität/Qualität, Bitterintensität/Qualität und Präferenz beurteilt. Hier zeigte sich eine klare Präferenz für die Biere mit frischem Hopfen, hier war auch die Intensität am höchsten bewertet. Die Bitterintensität wurde bei den Bieren mit den gealterten Hopfenproben als höher bewertet, was sich mit den zunehmenden Humulinongehalten in diesen Bieren erklären lässt. Allerdings wird die Bitterqualität bei diesen Bieren niedriger bewertet.
Citra® - Frisch | Citra® - gealtert | Citra® - überaltert | |
Aromaintensität | 6.38 | 5.88 | 5.79 |
Hopfenaromaqualität | 6.54 | 5.75 | 4.79 |
Bitterintensität | 5.50 | 5.67 | 6.70 |
Bitterqualität | 6.17 | 5.38 | 4.67 |
Empfundene Bittere | 28.33 | 29.33 | 31.75 |
Galaxy® - Frisch | Galaxy® - gealtert | Galaxy® - überaltert | |
Aromaintensität | 6.54 | 6.33 | 5.23 |
Hopfenaromaqualität | 6.42 | 5.54 | 4.21 |
Bitterintensität | 5.54 | 6.42 | 7.21 |
Bitterqualität | 6.17 | 4.71 | 3.17 |
Empfundene Bittere | 28.46 | 31.71 | 35.38 |
Tab 5: Bewertung der Citra- und Galaxy-Biere (8)
Frühere Brauversuche mit den Sorten Perle und Saaz ergaben ähnliche Ergebnisse. Hier betrugen die HSI-Werte für Perle 0,270 gegenüber 0,470 und für Saaz 0,310 und 0,490. Die unterschiedlichen HSI-Ausgangswerte dieser zwei Sorten aus verschiedenen HSI-Clustern lassen sich gut erkennen. Bei den Brauversuchen wurden als Bittere 20 mg IAA/L angepeilt, im Whirlpool wurde mit 5 g/L gehopft und im Lagertank mit 2 g/L Hopfen gestopft. Auch hier zeigen die Ergebnisse signifikante Unterschiede zwischen den Bieren mit niedrigen und hohen HSI-Werten. Die Bitterintensität in den Bieren, die mit gealtertem Hopfen gestopft wurden fiel höher aus. Die Bitterqualität der Biere, die nur während der Kochung gehopft wurden, wurde jedoch unabhängig vom HSI-Wert des verwendeten Hopfens als gleichwertig bewertet.
Zusammenfassung
Die Frischebewertung von Hopfen sollte sortenspezifisch erfolgen mit dem Bewusstsein, dass bestimmte Hopfensorten mit einem höheren HSI Wert bereits starten. Weiterhin ist die Zunahme an HSI Werten während einer Lagerung unter Sauerstoff oder bei warmen Temperaturen ebenfalls sortenspezifisch. Auch wenn höhere HSI Werte, je nach Hopfensorte, bei der Bierbittere keinen negativen Einfluss haben, ergeben sie jedoch bei Verwendung zum Hopfenstopfen Einbußen in puncto Fruchtigkeit und Aromaqualität, Bitterintensität und Bitterqualität.
Eine optimale Lagerung von Hopfen muss Sauerstoff ausschliessen. Schlechte Lagerbedingungen vermindern den Alpha- und Ölgehalt und damit auch die Bittere und das Aromaprofil der damit gebrauten Biere. Die Bitterintensitätszunahme kann auf Humulinone (oxidierte Alpha Säuren) zurückgeführt werden. In den Brauversuchen zeigt sich für jede Sorte ein individuelles Verhalten. Biere gebraut mit Sorten wie Saaz oder Galaxy waren durch höhere HSI Werte stärker betroffen wie Biere gebraut mit Perle oder Citra. Bei diesen Versuchen zeigte sich auch dass die Unterschiede im Aromaprofil der Biere hopfengestopft mit Hopfen mit den HSI Werten 0,32 und 0,43 für Citra und 0,31 und 0,41 für Galaxy geringer waren als die Unterschiede zu den Aromaprofilen der Biere hopfengestopft mit Hopfen mit den HSI Werte 0,61 bzw 0,63.
Der HSI ist eine wertvolle Information für den Brauer, er sollte aber nicht isoliert betrachtet werden sondern mit dem Wissen welche Faktoren ihn beeinflussen. Um sich von der Qualität des Hopfens zu überzeugen ist die Sensorik nach wie vor die Methode der Wahl. Ein geschultes Verkosterpanel kann Qualitätsunterschiede im Aroma leicht und zuverlässig rausarbeiten. Zusammen mit dem HSI Wert, dem Wert des Gesamtöls und der Alpha-Säure kann der Brauer die Qualität seines Hopfens sehr gut beurteilen.
Literatur
1) Taniguchi Y, Matsukura Y, Ozaki H, Nishimura K, Shindo K. Identification and quantification of the oxidation products derived from α-acids and β-acids during storage of hops (Humulus lupulus L.). Journal of agricultural and food chemistry. 2013;61(12):3121–30.
2) Algazzali V, Shellhammer T. Bitterness intensity of oxidized hop acids: Humulinones and hulupones. Journal of the American Society of Brewing Chemists. 2016;74(1):36–43.
3) Rutnik K, Ocvirk M, Košir IJ. Changes in hop (Humulus lupulus L.) oil content and composition during long-term storage under different conditions. Foods. 2022;11(19):3089.
4) Nickerson GB, Likens ST. Hop storage index. Journal of the American Society of Brewing Chemists. 1979;37(4):184–7.
5) Zunkel M,.oral presentation at Young Scientist Symposium, April 2016, Chico, USA
6) Zunkel M, Kritisch betrachtet – HSI Messmethode und Einflussfaktoren, der Doemensianer, (1), 2021: 41-43
7) Forster A, The quality chain from hops to hop products, EBC Proceedings 29th Congress, 2003
8) McMillan J, The relevance of Hops Storage Index (HIS) for Hop Usage, Brewing Science, 2023, accepted, in print