Wir durchforsten die Welt des Hopfens und des Bierbrauens, um Sie mit den neuesten Nachrichten und Forschungsergebnissen zu versorgen... damit Sie das nicht tun müssen!
Ein kritischer Überblick zur Biergeschmacksstabilität
Die wichtigste Erkenntnis, wenn wir über Geschmacksstabilität sprechen, ist die Akzeptanz, dass wir eigentlich über Geschmacksinstabilität reden. Dieser umfassende Übersichtsartikel sollte in jedem Brauertagebuch stehen. Der Artikel behandelt alle Rohstoffe und jeden Prozessschritt, doch hier wollen wir uns die Rolle des Hopfens bei der Geschmacksinstabilität ansehen. Eine der auffälligsten Veränderungen im Zusammenhang mit Hopfen während der Bieralterung ist der Abbau von Iso-α-Säuren, die durch die thermische Isomerisierung der α-Säuren beim Würzekochen entstehen. Diese Verbindungen sind von Natur aus instabil und werden im Laufe der Zeit langsam abgebaut, wobei oxidative, photochemische und thermische Bedingungen eine Rolle spielen. Von ihren Isomeren bauen sich trans-Iso-α-Säuren schneller ab als ihre cis-Gegenstücke, was zum Verlust der Bitterkeit während der Lagerung beiträgt. Obwohl einige frühe Studien vermuteten, dass diese Abbauwege zur Bildung von flüchtigen Aldehyden beitragen könnten, haben neuere Untersuchungen ähnliche Anstiege von Aldehyden wie 2-Methylpropanal, 2-Methylbutanal und 3-Methylbutanal in Bieren festgestellt – unabhängig von der Anwesenheit von Iso-α-Säuren. Dennoch spielt der Hopfen aufgrund seines Polyphenolgehalts und seiner α-Säuren, die beide antioxidative Eigenschaften besitzen, eine schützende Rolle gegen Oxidation. Hopfenpolyphenole haben gezeigt, dass sie die Radikalfängeraktivität im Bier erhöhen und so den Geschmacksveränderung verzögern können. Darüber hinaus zeigen α-Säuren antioxidatives Verhalten, indem sie mit Radikalen reagieren und Metallionen binden. Neben der Zugabe zur Kochung wird Hopfen oft auch während der Gärung oder Reifung bei der Kalthopfung eingesetzt, um das Aroma zu verstärken. Allerdings birgt die Kalthopfung gewisse Risiken für die Geschmacksstabilität. Der Sauerstoffeintrag während der Hopfengabe kann oxidative Reaktionen fördern, während Metallionen (aus dem Hopfenmaterial extrahiert) die Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies katalysieren können. Trotz dieser Risiken deuten aktuelle Studien darauf hin, dass die Kalthopfung dennoch einen oxidativen Vorteil bieten kann. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Hopfengabe nach der Fermentation in einem bierähnlichen System wie Kombucha (ein alkoholfreies, fermentiertes Getränk, das durch eine symbiotische Kultur aus Bakterien und Hefen hergestellt wird) die Rate der Radikalbildung verringert.
Ditrych, M., Aerts, G. and Andersen, M.L. (2025) “Technological strategies for controlling aldehyde formation in beer: a review of brewing-related flavour instability”, BrewingScience, 78(7/8), pp. 77–102. doi: 10.23763/BrSc25-10ditrych
Riecht wie Hopfen… oder Hanf?
Dieser Artikel liest sich wie eine wissenschaftliche Studie über Hopfenaromastoffe, handelt aber von Hanf. Die Ergebnisse dieser Studie stellen die erste Anwendung von GC-O (Chromatographie-Olfaktometrie) in Kombination mit AEDA (Aroma-Extrakt-Verdünnungsanalyse) an getrockneten Hanfblüten verschiedener Sorten dar. Das Ergebnis zeigte insgesamt 52 geruchsaktive Verbindungen aus verschiedenen chemischen Klassen. Obwohl viele der in dieser Studie identifizierten Verbindungen bereits zuvor in anderen Hanf- und Nicht-Hanf-Materialien beschrieben wurden, wurde ihr Vorkommen als geruchsaktive Bestandteile in getrockneten Hanfblüten hier erstmals berichtet. Neben Terpenen, Terpenoiden und Thiolen wurden Verbindungen wie 2- und 3-Methylbutansäure, Methylanthranilat, Eugenol und 3-Hydroxy-4,5-dimethylfuran-2(5H)-on (Sotolon) in allen Sorten nachgewiesen, wenn auch mit unterschiedlichen FD (Flavor Dilution) Faktoren. Ihr Vorkommen deutet auf ihre wichtige Rolle im Gesamtgeruchsprofil von Hanfblüten hin. Wir kennen all diese Verbindungen aus verschiedenen Hopfensorten, sodass diese Ähnlichkeiten auf den Verwandtschaftsgrad zwischen Hopfen und Hanf vielleicht zurückzuführen sein könnten.
Thi Khanh Linh Tran, Tatiana Avellaneda, Amandine André, Elodie Gillich, Martin Steinhaus, Dániel Árpád Carrera, Leron Katsir, and Irene Chetschik, The Plant of Many Scents: Unraveling the Odorant Composition of Selected CBD Hemp Cultivars Journal of Agricultural and Food Chemistry 2025 73 (38), 24314-24325 DOI: 10.1021/acs.jafc.5c07208
Darf ich vorstellen: Phyllobiline im Hopfen
Hopfen wird schon seit Hunderten von Jahren erforscht, dennoch lernen wir jeden Monat Neues über diese Pflanze. Neue Verbindungen im Hopfen zu entdecken ist sehr spannend und kommt nicht häufig vor. Hopfen wird zunehmend als Heilpflanze geschätzt. Seine komplexe Phytochemie umfasst phenolische Verbindungen und bittere, prenylierte Polyketide sowie Phyllobiline. Phyllobiline sind eine Gruppe von Chlorophyll-abgeleiteten Bilin-typischen linearen Tetrapyrrolen, die beim Abbau von Chlorophyll entstehen. Seit das erste Phyllobilin 1991 isoliert und charakterisiert wurde, wurden immer mehr Strukturen dieser bioaktiven Chlorophyll-Kataboliten sowie die biochemischen Akteure beim Chlorophyllabbau identifiziert. Inzwischen sind Phyllobiline in einer großen natürlichen Strukturvielfalt bekannt, und neue Versionen werden noch immer entdeckt. Lange Zeit galten Phyllobiline als Produkte der Chlorophyll-Entgiftung und wurden als natürliche Produktklasse hinsichtlich ihrer biologischen Rolle oder pharmakologischen Aktivität völlig übersehen. In dieser Arbeit wurden mehrere Dioxobilin-Typen von Phylloleucobilinen (DPleBs) und Phylloxanthobilinen (DPxBs) in gelblichen Blättern des gewöhnlichen Hopfens (Humulus lupulus) identifiziert. Die Isolierung aus 107 g Blättern ergab 0,24 mg Hl-DPleB-28 und 0,80 mg Hl-DPxB-31. Die Strukturanalyse bestätigte diese als neue Phyllobiline mit einem ungewöhnlichen Hydroxylierungsmuster, was auf einen bisher unbekannten Stoffwechselweg hindeutet. Hl-DPxB-31 zeigte eine hohe antioxidative Aktivität, vergleichbar mit Quercetin! Ein virtuelles Tool prognostizierte eine Bitterkeitswahrscheinlichkeit von über 60 %. Diese Erkenntnisse erweitern das phytochemische Profil des Hopfens und zeigen Potenzial für das Upcycling von Blattabfällen. Diese Entdeckung sollte definitiv weiter nachgegangen werden.
Christian Nadegger, Patricia Frei, Christian A. Elvert, Cornelia A. Karg, Johanna M. Gostner, Jonathan S. Lindsey, Christoph R. Kreutz, Stefan Schwaiger, Thomas Müller, and Simone Moser: Characterization of Phyllobilins in Hops: Antioxidant and Potentially Bitter Senescence-Related Metabolites Journal of Agricultural and Food Chemistry 2025 73 (28), 17637-17645 DOI: 10.1021/acs.jafc.5c03549